Auftaktbeitrag

Prof. Dr. Volker Heyse (Regensburg)
Die Kurzbiografie des Autors finden sie auf der SeiteBeitragsautoren

KREATIVITÄT 4.0 

Wer zu spät kommt, den überholt die Disruption.
(ZEW, 2016)

Ausblick 

Die begriffliche Zuspitzung auf Industrie 4.0 darf nicht davon ablenken, dass in den kommenden Jahrzehnten alle Bereiche der Gesellschaft von einer durchgreifenden digitalen Transformation, von einer beschleunigten Entwicklung und Anwendung wie zum Beispiel die Künstliche Intelligenz (KI), Internet der Dinge (IoT), Big Data Analytics, Adaptive Arbeitsplätze, Self-Service Business Intelligence, Realtime Intelligence, kollektive Intelligenz („Schwarmintelligenz“), Robotic Process Automation, Augmented Reality, Smart Home, … zum Beispiel erreicht und verändert werden. Und das konzentriert sich nicht mehr auf einzelne Seiten der Automatisierung in der Produktion, sondern auf den gesamten Wert-schöpfungsprozess eines Unternehmens – beginnend bei der Erfassung der Kunden-erwartungen und der Erarbeitung einer mittelfristigen Unternehmensstrategie – periodischer, marktbasierter Präzisierung dieser Strategie. Die Begriffsübersicht zeigt die Komplexität der Veränderungen und die gegenseitige Beeinflussung und auch Abhängigkeiten.

Dabei handelt es sich keinesfalls nur um anscheinend völlig neue Entwicklungen. Durchgreifende wissenschaftlich-technische Erkenntnisse und die darauf basierenden Innovationen „wachsen“ oft in zeitlich „langen Wellen“ und benötigen bis zu ihrer Durchsetzung nicht selten 50 bis 100 Jahre. Inzwischen ist deren Anwendung gesellschaftlich interessant geworden, und es haben sich die Voraussetzungen für ihre technische Umsetzung gewandelt und stabilisiert.

Andererseits entwickeln sich die unterschiedlichen Bereiche der Gesellschaft in unterschiedlicher Prägung und in unterschiedlichen zeitlichen Verläufen. Hierbei werden global aufgestellte innovative Großunternehmen und innovative Mittelständische Unternehmen Vorreiter und eine Art Taktgeber sein – wie bereits in der so genannten industriellen Revolution 3.0.

Kreativität 4.0

Im Rahmen der künftigen Entwicklungen kommt der menschlichen Kreativität und ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung, Stärkung und Sicherung eine fundamentale Bedeutung zu. Die Kreativitätwird sich als Bündel von Handlungsfähigkeiten und Wissen nicht verändern, wohl jedoch die Bedingungen, unter denen sie wirksam werden kann: individuell und kollektiv, national und global. Kreativität war und bleibt die Fähigkeit, etwas zu (er-) schaffen, was neu und zugleich anwendbar, also nützlich und brauchbar ist. Letzteres ist das „Kriterium der Wahrheit“, der Beweis für ein kreatives Ergebnis. Oft kann der Beweis erst nach Jahrzehnten erbracht werden, da die Kreativenihrer Zeit weit voraus oder schlechte Werber in eigener Sache waren.

Nachfolgende Thesen betrachten die Kreativität 4.0 aus verschiedenen Blickwinkeln.

Thesen

These 1: Nichts kommt aus dem Nichts. Durchschlagende wissenschaftlich-technische Entwicklungen haben in der Regel lange Wurzeln

Schon in den 1950er und forciert in den 1970er Jahren wurde von zunehmender Komplexität, Dynamik, Selbstorganisation, Beschleunigung des gesellschaftlichen Alltags gesprochen – von künftig breiter Automatisierung, Roboterisierung, Digitalisierung. Die Entwicklungen unter Kybernetik I und Kybernetik II zeigten schon deutlich den Weg in eine neue Arbeitswelt. Das, was heute mit dem „neuen digitalen Zeitalter“ o. ä. in den Medien diskutiert wird, ist zu einem großen Teil nicht neu, sondern kennzeichnet folgerichtige Entwicklungen, baut auf früheren Erkenntnissen auf, erscheint auf einem höheren Niveau einer scheinbar Endlos-Entwicklungsspirale.
Neu hingegen ist, dass Digitalisierung, Roboterisierung, Globalisierung künftig alle Bereiche der Gesellschaft erfassen und grundlegender, offensichtlicher und konsequenter die Arbeitswelt verändern werden.

Quelle Bild 1: ©Dirk Meissner

Die Anforderungen an das individuelle und kollektive technische Verständnis wachsen in vielen Berufen und Tätigkeiten, ebenso das multidisziplinäre Lösen von komplexen Problemen durch das zeitweilige Zusammenspiel von Natur- und Technikwissenschaftlern, Neurologen, Psychologen, Pädagogen, Philosophen.
Ebenso wachsen die Anforderungen an analytische und konzeptionelle Fähigkeiten und an das Folgebewusstsein. Zugleich rückt die menschliche Kreativität im Verbund mit solchen überfachlichen Schlüsselkompetenzen in den Vordergrund erfolgreicher Bewältigung des Wandels wie: Offenheit für Veränderungen / Innovations- und Gestaltungs-Fähigkeit / Problemlösungsfähigkeit / Eigenverantwortung / Dialogfähigkeit, Belastbarkeit / Werteorientierung / Teamfähigkeit / Verständnisfähigkeit, Fachübergreifendes Verständnis, Tatkraft. 

Quelle Bild 2: Fotolia_1911884635_M.jpg

These 2: Industrie und Dienstleistungen werden künftig von wenigen Technologien, jedoch umso grundsätzlicher, hybrid miteinander verbunden und mit hohem Wachstumspotenzial geprägt sein

Es sind dieses:

  • Künstliche Intelligenz
  • Blockchain-Technologie
  • Robotic
  • Cloud Computing
  • Internet der Dinge

In den zurückliegenden fünfzehn Jahren kamen bei den technischen Systemen wichtige Durchbrüche, die zukunftstragend sind wie die 

  • Miniaturisierung der Hardware 
  • biokybernetische Weiterentwicklung von Softwaresystemen und -architekturen 
  • explodierende Bandbreite und Rechnerleistung moderner Computer- und Netzwerkgenerationen 
  • internationale Verflechtung von Rechneranlagen mit zuvor nicht vorstellbaren Leistungen 
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„Künstliche Intelligenz (KI) ist die neue Elektrizität. Sie wird eine Industrie nach der anderen von Grund auf verändern, so wie die Elektrifizierung es vor 100 Jahren getan hat“ (A. Ng, 2017).

These 3: „Kollege Roboter“ ermöglicht neue Formen in der Mensch-Maschine-, Mensch-Mensch-Maschine und Maschine-Maschine-Kommunikation

Er entlastet den Menschen von noch mehr Routineprozessen und bietet Freiräume für die menschliche Kreativität, für konzeptionelle Arbeiten, Prozess- und Produkt-Verbesserungen, strategische Arbeiten und für viele neue Berufe und Tätigkeiten.

Bei all den genanntenTechnologien bleibt der Mensch nicht nur erforderlich, sondern seine Stellung und Verantwortung steigen in der Mensch-Maschine-Kommunikation und – Kooperation. Die Technologien, allen voran die künstliche Intelligenz und Roboterisierung, entlasten ihn, ermöglichen ihm unter seiner Anleitung und Kontrolle Big-Data-Verwaltungs- und Steuerungsprozesse, die ohne modernste Technologien nicht mehr bewältigt werden können. Die künftige Softwareentwicklung mit breiten Ergebniseinsätzen in neuen Bereichen benötigt viele Menschen.

Es wird entwicklungsgemäß nicht nur viele neue Tätigkeiten in der Produktion geben, sondern auch viele neue Tätigkeiten in gesellschaftlichen Bereichen, die bislang als vernachlässigt gelten, beispielsweise in der Pflege, Kinder-und Altenbetreuung, Entwicklungshilfe vor Ort. Hinzu kommen viele neue Start-ups.

Gleichermaßen wird vieles in Berufen mit vielen Routinetätigkeiten automatisiert: Bürotätigkeiten, Korrektoren, Finanzberater, Versicherungsvertreter, Immobilienmakler, Zahntechniker, Bäcker, Fahrer öffentlicher Verkehrsmittel… Hingegen kaum betroffen werden Konstrukteure, Maschinenbauer, hoch komplexe und kreative Tätigkeiten und Tätigkeiten mit Anforderungen an eine hohe soziale Kompetenz. Viele neue Tätigkeiten , die klassische Berufe mit digitalen Anforderungen hybrid verbinden, zum Beispiel Mediendesign, Fahrzeigmechatroniker E-Mobilität, Data Scientist, Fachkraft für die Bedienung sowie für die Roboterprogram-mierung, IoT Solution Architect, Data Mining…

Es ist unwahrscheinlich, dass ein breiter Maschinen-Einsatz Massenarbeitslosigkeit nach sich zieht. Japan, Südkorea und Deutschland wiesen 2017 den höchsten Automatisierungsgrad nach – bei zugleich niedrigster Arbeitslosigkeit. Und es werden dringend Fachkräfte gesucht, die mit Computern und Robotern arbeiten können. Beim Einsatz von Maschinen mit hoher künstlicher Intelligenz in der Industrie steht Deutschland zurzeit an erster Stelle. Die weitere Automatisierung erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. In der Produktion der Zukunft bleibt der Mensch an zentraler Stelle. Er erhält zunehmend dirigistische Aufgaben und Verantwortung, zum Beispiel als „Trainer“ intelligenter technischer Systeme, „Datenvisionäre“ u.v.a.m.

Die Kommunikation zwischen den Menschen unterschiedlicher Generationen verändert sich rapide. Allein seit den 1940er Jahren bis in die 2000er Jahre werden schon fünf Kommunikations-generationen unterschieden (Schutz/Belwe, 2014): Silent Generation (viel handschriftlich), Baby boom Generation (moderne Schreibmaschinen, Drucker, Fernmeldegeräte, moderne Telefonnetze), Generation X (Computer), Generation Y (Handy, Laptop), Net Generation Z (iPad, Tablet…). In vielen heutigen Familien wie auch in vielen noch relativ konser-vativen Unternehmen kommunizieren heute vier unterscheidbare Typen miteinander:

  • Traditionalist („write me“)
  • Boomer („Call me“)
  • Generationen X / Y („email me“)
  • Net Generation Z /Millennial („Text me“).
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Nils 4½ Jahre mit Tablett (2017)
Quelle Bild 6: ©Heyse

Die Grenzen werden fließender, und die Verschiebung zu den Generationen Y und Z mit eigenen Kommunikationsstilen und sich schnell entwickelnder Kommunikationstechnik ist unaufhaltsam.

These 4: Das Zeitalter hybrider Entwicklungen, hybrider Intelligenz ist angebrochen

Vernetzte Systeme erreichen durch die künstliche Intelligenz in diesen Systemen eine neue Dimension. „Auf der Grundlage riesiger Big Data Lakes erhalten Gegenstände, Objekte, Beziehungen ein eigenes (Quasi-) Bewusstsein. Und es entsteht ein neues Verhältnis zwischen Menschen und smarten Maschinen. Das Zeitalter hybrider Intelligenz zwischen Menschen, Menschen und den jeweiligen digitalen Schatten hat begonnen“ (Henning, 2017). Der Mensch muss in diesem grundlegenden digitalen Transformationsprozess diese Systeme begreifen, bedienen, beherrschen und weiterentwickeln. Er wird die Rolle des digitalen Performers und des Transformationsmanagers einnehmen.

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These 5: Arbeitsplätze werden zu Innovationsschmieden; starre Strukturen und Motivationskiller werden zugunsten von Kreativität und multidisziplinäre Kommunikation fördernde Arbeitsbedingungen überwunden

In einer international viel beachteten Studie „Arbeit 4.0: Megatrends digitaler Arbeit der Zukunft – 25 Thesen“ (2015) konnten 25 Megatrends für Unternehmen generell unterschieden werden. Die für die Kreativität 4.0 wichtigsten Trends sind: 

Zur „Auflösung“ einer starren Organisation 

  1. Liquid statt starr: Immer mehr Netzwerke. Standardisierte Back-End-Prozesse werden zwischen unterschiedlichen Unternehmen (unsichtbar nach außen) geteilt. „Anonyme“ Arbeitsplätze und Produkte.
  2. Peer-to-Peer statt Hierarchie: Hoch spezialisierte Fachkräfte kommunizieren weltweit in Special Interest Communities. Nicht mehr die Organisationszugehörigkeit leitet Loyalitäten, sondern vor allem die fachliche Expertise. Gleiches gilt für besonders Kreative in Special Thing Tanks.
  3. Beauftragen statt Einstellen: Bei spezifischen Entwicklungen und Leistungen: Zunehmender Rückgriff auf externe sowie internationale potenziale. Die Kenntnis hochkompetenter Personen und die Verfügbarkeit führen ohne feste Arbeitsverhältnisse zu einem „hiring on demand“.
  4. Offen statt geschlossen: Beschleunigte Transparenz-ansprüche der Öffentlichkeit und zunehmende Co-Creation mit Kunden und mit Zulieferern (Open Innovation) führen zu Entgrenzungen bislang geschlossener Unternehmensstrukturen. „Herrschaftswissen“ (Patente…) verlieren an Wert. Startups können schneller agieren als Großunternehmen.
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Zur Arbeit in der digitalen Netzwerkökonomie

  1. Vom Ausführen zum Überwachen (und Gestalten): Mittelfristig werden ausführende Tätigkeiten voll digitalisiert; kreative und strategische Freiräume werden für neue, anspruchsvollere Aufgaben genutzt.
  2. Arbeit ohne (örtliche, zeitliche) Grenzen: Entwicklungsteams können an verschiedenen Orten verteilt arbeiten, einschließlich mit zeitweilig einbezogenen, nicht fest angestellten, Personen aus dem In- und Ausland. Virtuelle Teams nehmen zu wichtigen Aufgabenstellungen zu.
  3. Beruf und Arbeit verschwimmen: Die Auflösung traditioneller Arbeitsorte und –zeiten in vielen Berufsgruppen ermöglicht größere individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und eine bessere Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie.
  4. Nicht-Lineares Denken, Kreativität als menschliche Domäne: Automatisierung von Arbeit ist nicht grenzenlos. Kreative Tätigkeiten, die voraussehbar nicht maschinell substituierbar sind, bleiben Menschenvorbehalten und erweitern sich – genauso wie unternehmerische Aufgaben und Fähigkeiten sowie die Beherrschung automatisierter Prozesse.
  5. Selbstmanagement als Schlüsselkompetenz: Flexible, bedarfsgerechte Auftragsvergabe an Arbeitskraft-Unter-nehmen lösen traditionelle Arbeitsabläufe und –zusammenhänge auf. Die Arbeitszeit setzt sich aus Mikro-Arbeitszeiten zusammen; die Arbeitnehmer stellen sie zunehmend nach Bedürfnis und Fähigkeit zusammen.
  6. Zusammenwachsen von kreativer und produzierender Arbeit: Immer häufiger wird von den Erbringern kreativer (und) geistiger Arbeit verlangt, diese auch materiell umzusetzen. 3D- und später auch 4D-Drucker, Datenbrillen und andere Werkzeuge begünstigen diesen Trend. Kreative und produktive Arbeiten wachsen zusammen.
  7. „Wir Wunderkinder“ (Erkennen und Einsatz von Talenten – unabhängig von Alter und Status): Die weiter steigende IT-Bedeutung eröffnet den IT-„Nerds“, frühreifen App-Tüftlern und Datenexperten den Weg auch in obere Unternehmens-etagen. Nicht die formale Qualifikation, sondern das außergewöhnliche technische Können entscheidet über die Employability dieser „Youngster. Das Erkennen und die Auswahl der IT-„Nerds“ muss sorgfältig erfolgen, denn die Digitalisierung fördert auch einen neuen Trend zum Laientum mit Schein-Qualifikationen und einem nicht sofort zu entschlüsselnden „Dahin-Dillettieren.“
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Herausforderungen für Führung und Organisation

  1. Challange Latte Macciato Arbeitsplatz (-Gestaltung): Moderne Arbeitsplätze und –Umgebung (Gestaltung, Flexibilität, Ausgleich zwischen konzentrierter Arbeit und Ruhe und anregender Kommunikation).
  2. Job-Hopping und Cherry-Picking: Die Bindung größerer Teile der Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden lockerer. Flexible Arbeits- und Kooperationsformen lassen Arbeitnehmer mit einem Fuß im Arbeitsmarkt stehen. Systematische Personalentwicklung und -bindung werden erschwert – bei gleichzeitig erhöhten Erwartungen der Mitarbeiter*innen an die Entwicklungsangebote im Unternehmen.
  3. Führen auf Distanz (örtlich, zeitlich, virtuelle internationale Teams…): Wandel von der räumlichen Präsenz- zur Ergebniskultur. Mehr Motivation als Kontrolle, Aufbau und Erhalt persönlicher Bindungen auch über unpersönliche technische Kanäle.
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These 6: Das Management fördert oder behindert die Kreativität 4.0

Befragungen von erfolgreichen Führungskräften aus Unternehmen mit hohem Digitalisierungsdruck (Heyse, 2017) bekräftigen 19 Führungsgrundsätze („4.0“). Einige scheinen „zeitlos“ zu sein, andere erhalten in der Industrie 4.0 einen höheren Stellenwert als in Zeiten davor:

  • Verfolgt eine Vision bzw. hat eine Mission und abgeleitet Ziele und setzt sich für diese ein
  • Denkt weniger über einfache Verbesserungen nach, sondern stellt auch lange Bestehendes in Frage
  • Konzentriert sich auf die Stärken der einzelnen Mitarbeiter*innen und baut diese gezielt aus
  • Nimmt die Mitarbeiter*innen ernst
  • Hält Druck aus verschiedenen Richtungen aus
  • Fördert und fordert die Mitarbeiter*innen
  • Scheut sich nicht vor Problemen und deren Lösung.
  • Ermutigt und spart nicht mit Lob
  • Hört richtig und interessiert zu; gewährleistet Anerkennung der unterschiedlichen Persönlichkeiten und räumt ihnen Entwicklungsräume ein
  • Gesteht eigene Fehler ein und korrigiert diese 
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  • Setzt Grenzen und setzt sich durch verfügt über ein ausgeprägtes Folgebewusstsein und stärkt letzteres auch bei den Mitarbeiter*innen und Vorgesetzten
  • Verhält sich gerecht und loyal im Sinne der Sache
  • Kennt und versteht die Aufgaben und Erwartungen an die eigene Führung
  • Unterbindet „Seilschaften“ und setzt sich für eine erfolgreiche Teamentwicklung und –Stärkung ein
  • Verzichtet auf Ausreden und Alibis
  • Schreitet bewusst nicht zu früh ein, wenn man das Gefühl hat, dass Erfolge zu lange auf sich warten lassen.
  • Ermutigt und unterstützt das Team, selbständig gute Lösungen zu finden
  • Interessiert sich für die Erfolge und Sorgen anderer Menschen und tritt ihnen herzlich – und nicht nur freundlich – entgegen
  • Akzeptiert die eigene eingeschränkte Bedeutung – relativ zur Aufgabe 

These 7: Die Menschen sollen mit der künstlichen Intelligenz wertvoller gemacht werden; ihre Stärken und kreativen Möglichkeiten sollen noch besser zur Geltung kommen – und nicht durch Maschinen ersetzt werden.

Eine beständige offene Kommunikationspolitik nach innen und außen, die auch produktive Zweifel zulässt und alle innovativen und kreativen Vorschläge und Aktivitäten der Mitarbeiter*innen anerkennt und unterstützt, wird unabdingbar.
Es muss die Angst vor Veränderungen genommen werden und durch frühzeitiges, proaktives Einbeziehen der Mitarbeiter*innen und offene Kommunikation die Einsicht gestärkt werden, dass der Wandel nicht aufzuhalten ist. Der erfolgreiche Umgang mit dem Wandel stärkt hingegen die Lebenskompetenzen und die Lebenssicherheit. Die Einbeziehung der Mitarbeiter*innen auch in strategische Diskussionen, Wettbewerberbetrachtungen, interne und externe Erfahrungsaustausch-runden, gezielte unternehmensinterne Weiterbildung stärkt die Menschen selbst als digitale Performer. Das gilt gleichermaßen für Jung und für Alt.

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Erfolgen die Veränderungen aktionistisch, ohne individuelle Vorbereitung, zu schnell, fehlerhaft, dann werden die Mitarbeiter*innen verunsichert und leisten Widerstand. „Wenn etwas disruptiv verändert werden muss, sollten es am besten die Mitarbeiter*innen mit ihren kollektiven Erfahrungen und Synergien vorantreiben als letztlich passiv disruptiert zu werden“ (Vossen/Pillen, 2017).

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These 8: Jeder Trend hat einen Gegentrend

„Je mehr digitalisiert und vernetzt wird, desto mehr sehnen sich die Menschen nach Dingen zum Anfassen, nach Realität und schönem Design. Wir sind analoge Wesen, zu viel Virtualität macht uns krank … Das heißt nicht, dass Digitalisierung aufhört, sie geht nur eine neue Verbindung mit dem Dinglichen ein. Die Zukunft gehört eher dem Hybriden“ (Horx, 2017). Digitalisierung ist weder als Zerstörer zu fürchten noch als Erlöser zu verherrlichen. Sie macht die Kommunikation in allen Bereichen der Gesellschaft flexibler, reichhaltiger, verbundener, kreativer, innovativer.
Der zukunftsbeherrschende Hybride benötigt Menschen mit viel Kreativität, gepaart mit Wertebewusstsein und hoher Verantwortung für die Gesellschaft, mit Gestaltungsfähigkeit und Verständnisfähigkeit – und wird viele neue Tätigkeiten zur Folge haben.

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These 9: Die Politik auf Bundes- und Länderebene trägt eine große Verantwortung für die Transformations- und Kreativitätsermöglichung

Exemplarisch seien drei große Versäumnisse, die es konsequent zu überwinden gilt, hervorgehoben:

Erstens: Die Digitalisierung wird seitens der Politik häufig mit dem Ausbau des Glasfasernetzes gleichgesetzt. Deutschland könnte heute weltweit das beste Glaserfasernetz haben. Bereits Anfang der 1980er Jahre wurde seitens der sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt der Ausbau eines integrierten Breitbandglasfasernetzes auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik von der damaligen alten Bundesrepublik geplant. Es gab schon eine Langzeitstrategie für 30 Jahre mit einem jährlichen Investitionsvolumen von drei Milliarden Mark. Nach seinem Wahlsieg 1983 stoppte der neue Bundeskanzler Helmut Kohl das Projekt zu Gunsten des Baus von TV-Kabelnetzen.

Heute liegt Deutschland mit der Anzahl der Haushalte mit direkten Netzanschlüssen auf den hinteren Plätzen unter den Industrieländern.

Zweitens: Das Gesellschaftsmodell ist veraltet. Die Politik läuft internationalen Entwicklungen hinterher. Das Zukunftsthema „Digitalisierung, Digitale Transformation“ ist schon mehr als zehn Jahre in der Diskussion. Noch immer wird es von den politischen Parteien als zeitweises Aktionsthema, als Modernismus oder als randständig betrachtet. Die Zukunft kann nicht allein durch fachlichen Fleiß, mit Unterordnung und vorauseilendem Gehorsam, Hierarchien und mit der heutigen „Angestellten“ oder Mit-Arbeiter-Kultur gemeistert werden. Der Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Kreativität sind große Räume zu öffnen. Und das dauert.

Drittens: Während außerhalb der Bildungseinrichtungen, insbesondere der Schulen, zunehmend in den zurückliegenden Jahrzehnten von der Einheit von Wissen (einschließlich der damit verbundenen Fertigkeiten), Qualifikation und überfachlichen Schlüsselkompetenzen ausgegangen wird, blickt das Bildungssystem zurück und argumentiert einem lebensfremden, rückwärtsgewandten Bildungsverständnis. Das wird eines der größten Hindernisse beim gesellschaftlichen Übergang zur Industrie 4.0 werden. Grundsätzliche Veränderungen im Bildungswesen werden nicht mehr reformerisch und separat in den einzelnen Bundesländern genügen, sondern es bedarf bundesweite revolutionäre Veränderungen; und das braucht viel Zeit.

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Die Digitalisierung der Schulen ist künftig in erster Linie kein finanzielles Problem, sondern ein Problem der Einsicht in den epochalen Wandel der Gesellschaft und die Verantwortung der Schule – und der Vorbereitung der Lehrenden. Heute und in der Zukunft müssen Lehrer die Lernenden auf die Transformation und auf Technologien vorbereiten, die erst noch entwickelt werden.

Literatur

  • Eberl, U.; Smarte Maschinen. Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändert. Carl Hanser Verlag, München 2016
  • Henning, K.: Das Zeitalter hybrider Intelligenz beginnt. Jeschke, S.: Künstliches Bewusstsein Nelßen, N.; Hees, F.; Vossen, R.: Kybernetik reloaded. Schröder, S.; Hees, F.: Arbeit 4.0: Ein hybrides System. Vossen, R.; Pillen, S.: Industrie 4.0: Transformation managen Sämtlich in: angedacht. Cybernetics Lab, IMA/ZLW & IfU der RWTH Aachen 12/2017
  • Heyse, V.: Führungsgrundsätze. In: Verfahren zur Einschätzung von Führungskompetenzen (EFF). KODE®-Verfahrenssystem. Competenzia, München 2017
  • Heyse, V.; Ortmann, S.: Kompetenzentwicklung 4.0 als Voraussetzung einer erfolgreichen Umsetzung von Digitalisierungsstrategien im Mittelstand 4.0. In: Heyse, V., Erpenbeck, J.; Ortmann, S.; Coester, S.: Mittelstand 4.0 – eine digitale Herausforderung. Führung und Kompetenzentwicklung im Spannungsfeld des digitalen Wandels. WAXMANN Verlag, Münster 2018
  • Horx, M.: Sehnsucht nach der realen Welt. München:  tz vom 30./31.12.2017, S. 56
  • Ng, A.. Artifical Intelligence ist the Electric…Stanford Graduate School of Business. Vortrag am 25.01.2017 / You Tube vom 22.02.2017
  • Schutz, T.; Belwe, A.: Lernen und Lehren in der digitalen XYZ-Ära. hep verlag, Bern 2014
  • Studie „Arbeit 4.0: Megatrends digitaler Arbeit in der Zukunft -25 Thesen“. Ergebnisse eines Projekts von Shareground. Institute for Media and Communication Management der Universität St. Gallen und der Deutschen Telekom. September 2016